Statement für Spiritualität

Es kommt in unserer Zeit nur äußerst selten vor, dass eine Kirche neu gebaut wird. Die Mitgliederzahlen in den christlichen Gemeinden verringern sich, und der Gebäudebestand muss allenfalls durch Sanierungs- und Modernisierungsmaßnahmen auf Stand gebracht und gehalten werden. Aber Neubau?

Das Büro MZWO Architekt*innen aus Hannover sah sich für die Neuapostolische Kirche in Celle genau vor diese spannende Aufgabe gestellt. In einer ersten Untersuchung und Gegenüberstellung erwies sich der Neubau einer kleineren Kirche aufgrund der gesunkenen Mitgliederzahlen nicht nur als wirtschaftlichere, sondern auch als nachhaltigere Lösung gegenüber der Sanierung und des Betriebs des großen Bestandsgebäudes. Außerdem wollte man die Chance nutzen, in der neuen Kirche zwar das Volumen zu reduzieren, aber in Sachen modernes Erscheinungsbild und nachhaltiger Bauweise ein Zeichen zu setzen.

Dieses Ziel ist eindrucksvoll gelungen und auf den ersten Blick sichtbar, wenn man sich der neuen Kirche nähert. Die Fassade strahlt in grauem Eternit zeitlose Würde aus, hinter ihr verbirgt sich eine Holz-Riegel-Konstruktion, mit der das Gebäude errichtet ist. Für einen besonderen Effekt sorgt die schräge Anordnung des Dachfirsts, die auch im Innenraum eine spannungsgeladene Wirkung entfaltet, weil sie die vor allem auf Senkrechten basierende Raumgestaltung um eine weitere Achse bereichert. Das Thema der Schräge setzt sich im freundlich hellen Foyer fort, durch das man die Kirche betritt. Hier befindet sich hinter einer schräg zur Raumausrichtung angeordneten Wand der Kirchenraum, während auf der anderen Seite die Nebenräume liegen, darunter die Sakristei und eine Küche. Durch die schräge Wand ergibt sich eine Verengung des Foyers in seiner Länge, eine optische Flucht, die dem Raum die Spannung schenkt, die ein idealer Auftakt vor dem Betreten des Kirchenraums ist.

Der Kirchraum bietet 138 Personen Platz für Gottesdienste. Der höchste Punkt der Decke erreicht eine Höhe von 11,80 Metern, sodass die im Vergleich zur früheren Kirche nun kompaktere Fläche es trotzdem nicht an Großzügigkeit fehlen lässt. Auch ein klarer Bezug zum Vorgängergebäude muss nicht vermisst werden, denn sowohl im Kreuz als auch im Buchpult ist Dachgebälk aus der alten Kirche verbaut.

Zur besonderen Lichtstimmung im Raum trägt ein vom Künstler Tobias Kammerer gestaltetes farbiges Eckfenster bei, das sich mit den Elementen Wasser und Land auseinandersetzt.

Besonderen Wert wurde außerdem auch auf den Raumklang gelegt, der in Zusammenarbeit mit Akustikern entwickelt wurde, unter anderem, um die Klänge der Orgel zur vollen Geltung bringen zu können. Auch die technische Ausstattung der Kirche ist auf modernstem Niveau umgesetzt und erlaubt der Gemeinde zum Beispiel, ihre Gottesdienste in bester Qualität im Internet zu übertragen.

Es ist eine seltene Aufgabe, eine Kirche neu zu bauen. Die Neuapostolische Kirche in Celle zeigt überzeugend, was dabei gewonnen werden kann. Mit modernen Gestaltungsmitteln ist hier ein zeitgemäßes Statement für Spiritualität verwirklicht worden, das Menschen unserer Zeit erreicht. Der Raum wurde am 30. Juli 2023 feierlich zur Kirche geweiht.